Der Markt für Automotive-Zulieferer in Indien wird weiter wachsen – doch zuvor muss massiv in die Infrastruktur investiert werden.
Seit gut einem Jahr ist der Berliner Hersteller von Kabeltragsystemen PUK Werke KG Kunststoff Stahlverarbeitung GmbH & Co. mit einer Mehrheitsbeteiligung an der Profab Engineers Mumbai beteiligt. Das indische Familienunternehmen suchte einen Nachfolger, PUK wollte auf neue Märkte expandieren. „Nach China wollten wir nicht aufgrund der Gefahr, dass unsere Technologie kopiert wird. Die Inder hingegen sind dankbar, wenn sie Unterstützung im Produktionsprozess erhalten“, so Dr. Stefan Romberg, Geschäftsführer der PUK Werke KG.
Die deutschen Kabeltragsysteme werden in Indien dringend gebraucht, so etwa in Fabriken der Automobilindustrie und für die Energieversorgung. Dietmar Thiele von der M&A-Beratungsgesellschaft Network Corporate Finance, die seit Jahren in Indien über ein entsprechendes Netzwerk verfügt, hat PUK den entscheidenden Kontakt zu den indischen Unternehmen hergestellt und ist sich sicher, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten weiter stark zunimmt: „In Indien sitzt der Markt, in Deutschland die Technologie. Zudem ist die indische Wirtschaft sehr mittelständisch und familiär geprägt. Da werden sich zukünftig jede Menge Kooperationen ergeben. Allerdings sind Geduld und ein langer Atem gefragt.“
Moderates Wachstum
Schon jetzt ist die deutsche Autoindustrie in Indien aktiv. Gefragt sind in Indien vor allem robuste Zweiräder und Lkws, derzeit gibt es in dem Land mit 1,3 Milliarden Einwohnern aufgrund der schlechten Straßen gerade mal 2,6 Millionen Pkw-Zulassungen. Zwar ist Indien der viertgrößte Stahlproduzent der Welt, doch für den Automobilbau wird vorerst erheblich weniger benötigt – das meiste muss in die Infrastruktur gesteckt werden. Deshalb ist laut Expertenschätzungen im Bereich der Automobilzulieferungen auch nur ein moderates Wachstum von 8 Prozent zu erwarten.
Vor Ort sind bereits die großen Automobilzulieferer wie Bosch, ZF oder Schaeffler. Bosch erhofft sich viel vom indischen Motorenmarkt. So schätzt Bosch-Chef Volkmar Denner: „Indien wird sich bis zum Ende der Dekade als fünftgrößter Fahrzeughersteller der Welt etablieren.“ Auf den kommenden Boom reagiert auch ZF: „Wir investieren in neue Werke“, so der ZF-Vorstandsvorsitzende Dr. Stefan Sommer. Aktuell hat der Konzern 20 Millionen Euro in eine neue Produktionsstätte investiert. Der Friedrichshafener Automobilzulieferer entwickelt seine Produkte speziell für den indischen Markt.
Mittelstand drängt nach Indien
Doch nicht nur die großen Zulieferer der Branche drängt es nach Indien, auch immer mehr kleinere Unternehmen wollen dorthin. Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), stellt fest: „Immer mehr unserer Mitgliedsfirmen interessieren sich für ein Engagement auf dem indischen Markt.“ Ohoven hat deshalb den Fokus auf den indischen Markt innerhalb des Verbandes verstärkt. Er begrüßt, dass Indien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen weiter verbessert.
Die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen könnte ein Weg sein, wobei es auf die Qualität und nicht die Quantität dieser Zonen ankommt. Bei der Expansion nach Indien hält der Außenwirtschaftsexperte des BVMW, Rainer Ptok, langjähriger Kenner der Automobilbranche und Indiens, ein maßvolles Vorgehen für erforderlich: „Man sollte sich zunächst an kleineren Stückzahlen orientieren und dann langfristig wachsen.“